Freitag, Januar 19, 2007

Weihnachtsferien (III): + 75,233 kg CO2

Puh, das war nicht einfach…Beim letzte Teil der Weihnachtferien-Emissionsberechnung haben sich einige hart zu knackende Recherche-Nüsse aufgetan.

Mit einem sehr lieben Freund war ich nach Weihnachten im Urlaub. Auf der Suche nach etwas Schnee sind wir vom Schwarzwald aus für einem Tag dem Rhein in die Alpen gefolgt und waren im Skigebiet von Flims/Laax/Falera. Skifahren ist eine große Leidenschaft und wer weiß, wie lange wir das noch genießen können. Statt durch satten Schnee war die Bergwelt unter 3000 Metern vor Silvester eher durch eine schwarz-weiße Zebracharakteristik geprägt.

Also, das Leichte vorweg: Die „Fahrtkosten“. Mit unten schon erwähntem Opel Corsa (Baujahr 2004, 44KW-Maschine, spezifische Emissionen: 0,127 kg CO2/km) haben wir die Strecke Göppingen – Schönwald im Schwarzwald – Laax – Schönwald im Schwarzwald – Kniebis bei Freudenstadt – Göppingen zurückgelegt. Der Kilometerzähler dieses treuen Gefährts zeigte am Ende nun 932,8 Kilometer an, was in der Tat eine stattliche Strecke ist. Aber Urlaub ist Urlaub und bis zu den 3000 kg CO2 ist ja noch etwas Luft.

932,8 km * 0,127 kg CO2/km / 2 Personen = 59,233 kg CO2

Aber wie fängt man jetzt die Emissionsberechnung für einen Tag auf der Piste an? Nun ja… Viel Recherche und der Versuch einer Hochrechnung. Vielleicht, so dachte ich, kann man mit Werten aus dem Netz immerhin eine "Hausnummer" bekommen.

Mit ausbleibendem natürlichem Schneefall muss erst mal eine Runde Kunstschnee auf die Piste, bevor es losgehen kann. Erster Posten sind also die Schneekanonen. Das Skigebiet Flims/Laax/Falera beschneit etwa 7% der Pisten und verbraucht dafür pro Saison 300.000 Kilowattstunden1 . Der Emissionsfaktor im Schweizer Strommix liegt mit 150,6 g/KWh sehr niedrig2. Statt auf Elektrizität aus Kohle setzen die Eidgenossen auf Kernenergie und können zusätzlich viel auf Wasserkraft zurückgreifen.

Nun also der Rechner gezückt:
300.000 KWh * 0,1506 kg CO2/KWh = 45,18 Tonnen CO2

Auf den Seiten der “Weißen Arena AG” – der Betreiberfirma des Skigebietes in Laax – findet man auch schnell die durchschnittliche Anzahl von Besuchern in der Wintersaison: 8.000 Skifahrer und Snowboarder tummeln sich pro Tag auf den Laaxer Abfahrten3. Letztere sitzen eigentlich mehr auf der Piste, aber Kunstschnee brauchen ja im Endeffekt alle. Die Wintersaison 06/07 dauert vom 21. Oktober 2006 bis zum 15 April 2007, das sind insgesamt 177 Tage4 .

Damit verteilen sich die Emissionen in einer Saison auf
177 Tage * 8.000 Besucher/Tag = 1.416.000 Besucher
Sind also 45.180 kg CO2 / 1.416.000 Besucher = 32 Gramm CO2 je Besucher.

Als nächstes stehen die Bergbahnen an. Leider gibt es auf den Seiten der „Weißen Arena AG“ keine Aufstellung über die technischen Daten der Anlagen. Schade… Allerdings hat Arosa ein Skigebiet vergleichbarer Größe und liegt wie Laax ebenfalls im Schweizer Kanton Graubünden. Ich gehe also davon aus, dass sich die Anlagen ähneln. Hier stehen technische Angaben im Internet: Laufen in Arosa alle Bergbahnen unter Volllast, haben sie zusammen eine Antriebsleistung von 4.550 Kilowatt5. Einmal angenommen, diese Anlagen sind alle von morgens acht Uhr bis Nachmittags um 17 Uhr, das wären dann neun Stunden, in Betrieb, läge der Energieverbrauch bei:

4550 KW * 9h = 40.950 KWh pro Tag

Mit besagtem Emissionsfaktor von 0,1506 kg CO2/KWh und den 8.000 Besucher aus Laax ergibt das:

40.950 KWh * 0,1506 kg CO2/KWh / 8.000 Besucher = 771 Gramm CO2 je Besucher.

Diese Werte scheinen mir sehr niedrig zu sein, allerdings sind sie plausibel. So heißt es zum Beispiel in einer Veröffentlichung des Kantons Luzern, der Energieverbrauch der Beschneiungsanlage der Bergbahnen in Sörenberg lägen bei rund 80.000 KWh/Saison und damit bei 4% des Verbrauchs der Bahnen und Lifte6. Das Skigebiet von Sörenberg ist nun natürlich wesentlich kleiner als die „Weiße Arena“, die Saison dauert hier 122 Tage7. Ein Überschlag ergibt dann einen Tagesenergieverbrauch von:

80.000 KWh * 100/4 / 122 Tage = 16.393 KWh pro Tag.

Trotzdem, ob plausibel oder nicht, diese Zahlen sind trotzdem nur abgeschätzt und konstruiert. Und weder Bergbahnen noch Schneekanonen werden die großen CO2-Schleudern sein. Was ist aber mit den Gebäudeheizungen, Pendelbussen, Pistenbullis? Den Wasserpumpen, vielleicht Helikopterflügen, um Ersatzteile an ihren Einsatzort zu fliegen? Unmöglich, das alles abzuschätzen.

Also habe ich der "Weißen Arena AG“ eine liebe Email mit der Bitte um Mithilfe geschrieben. Gebeten habe ich um den Energieverbrauch der letzten Wintersaison. Energie muss ja bezahlt werden, Ausgaben müssen für die Aktionäre aufgeschlüsselt werden, also war ich der Ansicht, solche Zahlen müsse es geben. Und wo man die Energie einkauft, sollte auch bekannt sein.

Guten Tag Herr Garbrecht

Herzlichen Dank für Ihre Anfrage.

Wir haben uns Ihr Projekt angeschaut, es ist sehr interessant, eine tolle Arbeit. Uns ist bewusst, dass Sie für die Ausführung Ihres Projektes Werte benötigen. Leider verfügen wir nicht über solche Werte in der gewünschten Form und bedauern sehr Ihnen nicht weitere Angaben machen zu können.

In der Hoffnung, dass Sie andersweitig mit Ihrem Projekt weiterfahren können wünschen wir Ihnen viel Erfolg und einen erlebnisreichen Winter.

Es freut uns sehr zu hören, dass Sie gerne in unserem Skigebiet sind und hoffen Sie werden in LAAX weiter viel Spass erleben.

Freundliche Grüsse

Alessia Caflisch
Empfang/Customer Service

Nun ja... Schade. Allerdings verstehe ich natürlich, dass es sich dabei um ein sensibles Thema handelt und es wahrscheinlich auch mit einem ziemlich großen Arbeitsaufwand verbunden wäre, diese Werte rauszusuchen. Zum Glück bin ich - kurz vor der Resignation - auf eine Pressemitteilung gestoßen8

Nur ein paar Kilometer von Laax entfernt, in der Gemeinde Arosa, ist man - was den Klimaschutz anbelangt - wesentlich fortschrittlicher. Letzten Sommer hat die Bergregion mit massiven Berg- und Felsstürzen wegen des auftauenden Permafrostbodens in großer Höhe zu kämpfen gehabt. Damit kam man dort zur eigentlich ziemlich simplen Erkenntnis, dass Skigebiete in den Alpen wohl die Ersten sind, die eine globale Erwärmung zu spüren bekommen. Deshalb bietet Arosa seit dieser Saison „klimaneutrale Winterferien“ an – nach eigenen Angaben als erstes Touristenziel in den Alpen. Bei der ClimatePartner GmbH aus München wurde im Sommer eine Studie9 in Auftrag gegeben, die den CO2-Ausstoß von Hotels, Bergbahnen und Anreise errechnet. In einem Fragebogen können Urlauber in Arosa freiwillig Angaben zu Anreise, Hotel und Aktivitäten machen. Die dann errechneten CO2-Emissionen werden in ausgewählten Klimaprojekten wieder neutralisiert.

Teil des Projektes ist eine Homepage10, unter anderem mit einem Rechner11 für im Skiurlaub verursachte Emissionen. Leider ist dieser für mich nutzlos, da ich weder in Arosa übernachtet, noch Hallenbäder oder Saunen besucht habe. In oben genannter Studie werden allerdings die durch den Pistenaufenthalt verursachten Treibhausgasemissionen angegeben – allerdings ausdrücklich nur abgeschätzt:

16 kg CO2 für den eintägigen Aufenthalt im Skigebiet.

Das erscheint mir in der richtigen Größenordnung zu sein. Ich vermute, dass die Heizung in diversen Gebäuden vor allem auf dem Berg ein großer Posten davon sein wird. Dann sind da noch jede Menge Fahrzeuge, von Bussen bis hin zu Pistenbullis. Und natürlich die 771 Gramm CO2 der Bergbahnen und die 32 Gramm CO2 der Beschneiungsanlage nicht zu vergessen.

Da die Skigebiete Laax und Arosa, wie gesagt, von ihrer Größe und Lage vergleichbar sind, übernehme ich diese Zahl. Ich bin mir allerdings bewusst, dass sie wohl nicht exakt den verursachten Emission entspricht, aber es vermittelt doch einen guten Eindruck der Größenordnung.

Fazit: Der Tag in den Alpen belastet mein Konto mit 75,233 Kilogramm CO2 (Anfahrt und Skifahren) und das war er auf jeden Fall wert. Die Idee des Tourismusverbandes von Arosa, Klimaneutralität zu einem Werbelabel und somit zu einem Wettbewerbsvorteil zu machen finde ich eine super Idee. Für mich ein eindrucksvoller Beweis, dass sich ökologische und ökonomische Interessen nicht zwangsläufig beißen müssen.

Aktueller Kontostand ist: +442,855 kg CO2.

Hier noch alle Quellenangaben:

>> Zum Thema Schneekanonen [1].
>> Energie und CO2 in der Schweiz [2].
>> Zahlen der "Weißen Arena" [3].
>> Informationen zu Lifttickets in Laax [4].
>> Technische Daten Bergbahnen Arosa [5].
>> Entwurf einer Änderung des Energiegesetztes [6].
>> Informationen zu Lifttickets in Sörenberg [7].
>> Pressemitteilung Arosa [8].
>> Klimastudie Arosa [9].
>> Klimaneutrale Winterferien in Arosa [10].
>> Emissionsrechner Arosa [11].

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1 Comments:

At 01:17, Anonymous Anonym said...

krass. i check kein wort.

 

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