Donnerstag, März 22, 2007

Studentisches Lernexil II: + 105,099 kg CO2

Für den Endspurt im Wintersemester war noch einmal ein Lernexil angesagt. Das große Thema diesmal: Navier-Stokes oder die wundersame Welt der Strömungslehre. Und: Ist eine Mitfahrgelegenheit CO2-günstiger als die Bahn? Mit einem Freund und Kommilitonen aus Aachen habe ich mich eine Woche lang nach Schönwald im Schwarzwald zurückgezogen, um zu lernen und diesen Fragen auf den Grund zu gehen. Hier die Abrechnung, die – zugegebenerweise – einige Seiten meines Notizbuchs gefressen hat.

Hinfahrt:
Von Aachen aus ging es um 4 Uhr Nachts los Richtung Süddeutschland. Eine Mitfahrgelegenheit, zu fünft im Wagen und mit Tempo 200 auf der Autobahn unterwegs: Komfort ist definitiv etwas Anderes. Der Fahrer war geschäftlich unterwegs und nicht besonders gesprächig. Wahrscheinlich hätte er auch noch lieber im Bett gelegen. Der erste Streckenabschnitt von Aachen nach Filderstadt über eine nächtliche A61 und durch den morgendlichen Berufsverkehr in Stuttgart war laut Falk.de genau 448,66 Kilometer lang. Mir ist es wie viel, viel, sehr viel länger vorgekommen. Der Wagen, ein BMW hatte bei diesen hohen Geschwindigkeiten einen durchschnittlichen Verbrauch von 14 Litern pro 100 Kilometer – Autogas allerdings. Der Emissionsfaktor von Autogas liegt zwischen 1,8 und 2,0 Kilogramm CO2 je Liter und damit etwas niedriger als der von Benzin.

14 Liter/100 Kilometer * 448,66 Kilometer * 1,9 kg CO2/Liter / 5 Personen = 23,869 kg CO2

Von Filderstadt ging es mit der S-Bahn zum Stuttgarter Hauptbahnhof (laut Trassenpreisauskunft der Bahn 22,207 Kilometer) und weiter im Nahverkehr der Bahn nach Göppingen (41,124 Kilometer). Mit dem Emissionsfaktor von 98 Gramm je Personenbahnkilometer im Nahverkehr der Bahn ergibt sich:

(22,207 Kilometer + 41,124 Kilometer) * 98 Gramm CO2 / km = 6,206 kg CO2

Ab hier musste es mit dem Wagen von meinem Bruder weitergehen, einem Opel Corsa (Baujahr 2004, 44 kW-Maschine, spezifische Emissionen: 0,127 kg CO2/km). Ihm ist es sehr schwer gefallen, sich von seinem heiß geliebten Gefährt zu trennen (für dieses große Opfer haben wir ihm neue Scheibenwischer spendiert). Die gefahrene Strecke teilt sich wie folgt auf:

6,42 Kilometer mit fünf Personen: 6,42 km * 0,127 kg CO2/km / 5 Personen = 0,163 kg CO2
8,58 Kilometer mit drei Personen: 8,58 km * 0,127 kg CO2/km / 3 Personen = 0,363 kg CO2
390,10 Kilometer nach Schönwald und wieder zurück mit zwei Personen: 390,10 * 0,127 kg CO2/km / 2 Personen = 24,771 kg CO2

Rückfahrt:
Um mit einer weiteren Mitfahrgelegenheit zurück nach Nordrhein-Westfalen zu kommen, mussten wir erst einmal die Bahn nach Tübingen nehmen – dort hatten wir uns verabredet. Die Strecke zum Bahnhof in Göppingen (6,15 Kilometer) waren wir zu viert im Wagen meiner Schwester (Opel Astra, 55 KW-Maschine, spezifische Emissionen: 0,132 kg CO2/km) unterwegs:

6,15 km * 0,132 kg CO2/km / 4 Personen = 0,203 kg CO2

Weiter im Nahverkehr der Bahn von Göppingen nach Tübingen (68,2 Kilometer):

68,2 km * 98 Gramm CO2 / km = 6,684 kg CO2

Und schließlich natürlich mit der Mitfahrgelegenheit von Tübingen nach Köln zum Hauptbahnhof, laut Falk.de genau 401,72 Kilometer. Der Wagen war ein 75 PS starker VW Golf Cabriolet. Dessen spezifischen Emissionen liegen bei nicht ganz wenigen 190 g CO2 je Kilometer, allerdings war er mit drei Personen und dem Gepäck auch gut ausgelastet:

401,72 km * 0,190 kg CO2/km / 3 Personen = 25,442 kg CO2

Unserer Fahrer, ein Jura-Student aus Köln, fährt eigentlich lieber mit dem Zug. Warum er sich trotzdem über die volle Autobahn quält, habe ich nicht mehr mitbekommen. Zu einschläfernd waren die monotonen Windgeräusche durch das Cabrio-Dach. Um schließlich vom Kölner Hauptbahnhof zurück nach Aachen zu kommen, mussten wir wieder auf den Nahverkehr der Deutschen Bahn zurückgreifen:

69,959 km * 0,098 kg CO2/km = 6,856 kg CO2

Summa summarum belaufen sich die transportbedingten Emissionen auf satte 94,557 Kilogramm CO2 pro Person. Natürlich haben wir in Schönwald auch Strom verbraucht, und dieses Mal habe auch nicht vergessen, einen Blick auf den Stromzähler zu werfen. Unser Verbrauch in einer Woche lag bei 51,3 Kilowattstunden. Der Großteil davon dürfte auf die Kaffeemaschine im Dauerbetrieb entfallen. Der Stromanbieter ist die EGT Triberg, die ihren Strom mit 411 Gramm CO2 je Kilowattstunde kennzeichnet und damit (wenn auch nicht wesentlich) unter dem bundesdeutschen Schnitt liegt.

51,3 kWh * 0,411 kg CO2 / kWh / 2 Personen = 10,542 kg CO2

Die Gesamtemissionen des Lernexils belaufen sich damit auf 105,099 Kilogramm CO2. Neuer Kontostand nach dem Lernexil im Schwarzwald ist damit +666,289 Kilogramm CO2.

Nur so am Rande: Ich habe auch einen Blick auf den Stromzähler des Aufzugs geworfen. Obwohl wir lieber die Treppe benutzt haben, hat dieser in nur einer Woche ganze 27,3 kWh Strom verbraucht. Und das, obwohl fast alle Ferienwohnungen im Haus leer standen und die Kiste (im modischen grasgrün gehalten) auch beängstigend klein ist. Mit dem Strom der ETG Triberg auf ein Jahr hochgerechnet sind immerhin 583 Kilogramm CO2!

Wie schneiden nun aber unsere Mitfahrgelegenheiten klimatechnisch ab? Um mit der Bahn von Aachen nach Schönwald zu kommen, hätten wir laut Trassenpreisauskunft der Bahn 985,904 Kilometer auf der Schiene zurückgelegt. Größtenteils im Fernverkehr (0,052 kg CO2 je Bahnkilometer) und abzüglich einer kurzen Busfahrt wären das:

985,904 km * 0,052 kg CO2 / km = 51,267 kg CO2

Das ist immerhin nur knapp die Hälfte der mit den Mitfahrgelegenheiten emittierten 94,557 Kilogramm CO2. In erster Linie liegt das in unserem Fall wohl daran, dass wir erhebliche Umwege (nach Tübingen und Göppingen) in Kauf nehmen mussten. Doch der BMW auf der Hinfahrt kommt – obwohl mit fünf Personen vollbesetzt und mit umweltfreundlicherem Autogas betrieben – noch auf satte 53,2 Gramm CO2 je Person und Kilometer. Das entspricht knapp den Emissionen der Bahn. Die Mitfahrgelegenheit der Rückfahrt liegt mit 63 Gramm je Person und Kilometer sogar noch darüber. In keine der beiden Mitfahrgelegenheiten hätte noch eine weitere Person gepasst.

Egal wie man es dreht und wendet: Um an die Emissionswerte der Bahn heranzukommen, bedarf es schon einem sehr kleinen, sehr vollbesetzten Wagen und einer sehr ruhigen Fahrweise. Der Opel Corsa von meinem Bruder müsste mit mindestens drei Personen besetzt sein, um unter die 52 Gramm je Personenkilometer im Fernverkehr der Bahn zu kommen. Müssen dann noch Umwege gefahren werden, ist die Schiene ganz klar klimafreundlicher als die Straße. Nun ja, auch auf die Gefahr hin, mich nun sehr unbeliebt zu machen: Ich oute mich hiermit als überzeugter Bahnfahrer!

>>Informationen zu Kraftstoffen.
>>Technische Daten des Corsa.
>>Technische Daten des Astra.
>>Technische Daten des Golf.

>>Stromkennzeichnung der ETG.
>>Umweltbericht der Bahn.
>>Trassenpreisauskunft DB Netz.
>>Mitfahrzentrale.
>>Homepage der Gemeinde Schönwald.

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